Unternehmensstabilisierungs- und
–restrukturierungsgesetz – StaRUG

Der präventive Restrukturierungsrahmen

Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) ist seit dem 1. Januar 2021 in Kraft.

Mit dem neuen präventiven Restrukturierungsrahmen eröffnen sich für Unternehmen neue Chancen, Krisen früher erkennen und besser abwenden zu können. Aus Unternehmensperspektive bietet das neue Verfahren viele Vorteile. Die Gesellschafter und die Geschäftsleiter bleiben im „Driver Seat“ und behalten die Kontrolle über das Vermögen sowie den Ablauf und die Ausgestaltung des Restrukturierungsprozesses. Es ist i.d.R. nicht öffentlich und zielt auf die Gestaltung der Passivseite ab, wodurch erwartungsgemäß Finanzgläubiger in den Fokus rücken.

Insbesondere für mittelständische Unternehmen ist das neue Verfahren auch mit Herausforderungen, wie der Implementierung eines rollierenden Systems zur Krisenfrüherkennung sowie dem Balanceakt der Geschäftsleitung, den Interessenskonflikt zwischen Gesellschaftern und Gläubigern zu händeln, verbunden. Zusätzlich wird die Komplexität der Restrukturierung durch das neue Verfahren erhöht, wodurch die Bedeutung einer konzeptionellen Heransgehensweise steigt.

Dr. Kai Hüttermann Partner
Dr. Kai Hüttermann Partner Auricon Group

Anwendungsbereiche und Verfahrensalternativen

Präventiver Restrukturierungsrahmen ist zwischen konsensualer und insolvenzlicher Sanierung anzusiedeln – Potenzielle Kandidaten sind in Liquiditätskrisen befindliche Unternehmen

Das StaRUG bietet die Möglich-keit, Restrukturierungspläne auch gegen Widerstände durch-zusetzen.
Die neue Sanierungsalternative ist zwischen der außer-insolvenzlichen, konsensualen und der Sanierung im Rahmen von Insolvenzverfahren (bspw. dem Schutzschirm- / Regelverfahren) angesiedelt.
Die neu geschaffenen Handlungsoptionen zur weitestgehend außergerichtlichen und außerinsolvenzlichen Sanierung soll die Incentivierung von Unternehmen zur frühzeitigen Erkennung und Eliminierung von Krisen fördern.

Bestandteile StaRUG

Der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen bildet den Kern des StaRUG zur Ausgestaltung der präventiven Restrukturierung – StaRUG verpflichtet Organe explizit zur Krisenfrüherkennung

Elemente StaRUG
01
Krisenfrüherkennung

02

Restrukturierungs-rahmen und gestaltbare Rechtsverhältnisse

03

Planabstimmung

04

Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungs-rahmens

05

Restrukturierungs-beauftragter

06

Sanierungs-moderation

Standardisierter Ablauf des präventiven Restrukturierungsrahmen

Eigenverantwortliche Steuerung der präventiven Restrukturierung vom Unternehmen – Grad der Einbindung des Gerichts und Beantragung der Instrumente obliegt dem Unternehmen selbst.

Instrumente des StaRUG:

Gerichtliche Vorprüfung zur Klärung von Fragen, die für die Bestätigung des Restrukturierungs-plans erheblich sind.
Schutz vor Vollstreckungs-maßnahmen (Moratorium) – durch das temporäre Aussetzen von Vollstreckungsmaßnahmen für die Dauer von drei bis maximal acht Monaten.
Gerichtliche Planabstimmung – Durchführung der Abstimmung im gerichtlichen Rahmen; andernfalls findet die Planabstimmung ohne gerichtliche Beteiligung statt.
Gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans – Erhöhung der Rechtsicherheit durch gerichtliche Prüfung des ausgearbeiteten Plans zur Sanierung; verpflichtend, sofern nicht alle Gläubiger dem Plan zustimmen.

Krisenfrüherkennung und Zugangsvoraussetzungen

Zukünftig steigende Bedeutung von Szenariorechnungen und rollierenden Planungs- und Pro-gnoseprozessen durch umfassende Regelung der Pflichten zur Krisenfrüherkennung erwartbar.
Das StaRUG regelt erstmals umfassend die Pflichten der Geschäftsleitung sowie der Aufsichtsorgane bezüglich einer Kirsenfrüherkennung.
Verdoppelung des Prognosezeitraums für drohende Zahlungsunfähigkeit auf 24 Monate. Hieraus resultiert die Verpflichtung der Geschäftsleitung, die Unternehmenssituation über einen Zeitraum von zwei Jahren rollierend auf Krisenindikatoren zu prüfen.
Neben der Einschätzung der operativen Geschäftsentwicklung rückt ebenfalls die Beurteilung der Refinanzierungsfähigkeit von Unternehmen in den Fokus.
Um gestiegenen Anforderungen sachgerecht zu begegnen, steigt zukünftig die Bedeutung von Szenariorechnungen und einem rollierenden Forecasting- und Planungs-Prozess.

Restrukturierungsplan

Der Restrukturierungsplan als zentrales Element der präventiven Restrukturierung enthält alle notwendigen Maßnahmen und wird den betroffenen Gläubigern zur Abstimmung vorgelegt

Das zentrale Mittel der Restrukturierung ist der Restrukturierungsplan. In diesem soll die Lage des Schuldners sowie die durchzuführenden Maßnahmen beschrieben werden. Des Weiteren bildet der Restrukturierungsplan die Grundlage für Eingriffe in die Forderungen und Rechter der Gläubiger.
Bereits während der Planerstellung ist es empfehlenswert, dass das Unternehmen Verhandlungen mit den betroffenen Gläubigern über die Restrukturierungsmaßnahmen führt, um bereits vor der Vorlage und Abstimmung über den Restrukturierungsplan die Erfolgschancen abschätzen und unter Umständen erforderliche Anpassungen noch vornehmen zu können.
Wie der Insolvenzplan unterteilt sich der Restrukturierungsplan in einen darstellenden und einen gestaltenden Teil. Dabei dient der darstellende Teil der Information der Planbetroffenen und des Restrukturierungsgerichts und der gestaltende Teil der Darstellung der Rechtswirkungen des Restrukturierungsplans. Der Restrukturierungsplan sollte die folgenden Inhalte enthalten:

Darstellung des Unternehmens und Krisenursachen

Geplante und bereits umgesetzte Restrukturierungsmaßnahmen

Vorschlag für die betroffenen Gläubiger

Darstellung, dass mit den Restrukturierungsmaßnahmen das Unternehmen wieder nachhaltig renditefähig ist

Vergleichsrechnung, in der dargestellt wird, dass der angestrebte Sanierungsweg der beste für Gläubiger und Unternehmen ist

Über den vorgelegten Restrukturierungsplan wird mit Rücksicht auf Fristen und eine mögliche Planerörterung im Rahmen der Planabstimmung abgestimmt. Die Abstimmung erfolgt in Gruppen, welche entsprechend den Rechten und wirtschaftlichen Interessen gebildet werden, und eine Planannahme kann hierbei in drei möglichen Szenarien erfolgen.

Gestaltbare Rechtsverhältnisse

Möglichkeit der bilanziellen Neugestaltung der Passivseite für Unternehmen im StaRUG ver-ankert – Explizit ausgenommen: Arbeitnehmerforderungen, Arbeitsverhältnisse und Pensionen
StaRUG versetzt Unternehmen in die Lage, die Passivseite ihrer Bilanz durch gestaltbare Rechtsverhältnisse neu zu gestalten.
Hierbei besteht die Möglichkeit der Auswahl der Forderungen, welche im Rahmen des StaRUG restrukturiert werden sollen.
Eine teilkollektive Restrukturierung der Kapitalstruktur wird, anders als beim kollektiven Ansatz der Insolvenzverfahren, ermöglicht.
Das StaRUG zielt somit auf eine Gestaltung der Finanzverbindlich-keiten ab.
Explizit ausgenommen sind hierbei Forderungen von Arbeitnehmern sowie die entsprechenden Arbeitsverhältnisse und mögliche Pensionsansprüche.

Sanierungsmoderation und -moderator

Ziel der Sanierungsmoderation ist die Erreichung eines konsensualen Sanierungsvergleiches – Sanierungsverhandlungen werden hierbei von einem neutralen Sanierungsmoderator begleitet

Sanierungsmoderation

  • Die Sanierungsverhandlungen werden hierbei von einem unabhängigen Dritten moderiert, welcher gerichtlich bestellt wird.

  • Das Ziel der Sanierungsmoderation ist die Erreichung eines Sanierungsvergleiches.

  • Die Beteilung von Dritten durch bspw. Zuführung von Drittmitteln ist im Rahmen der Sanierungsmoderation möglich.

  • Zusätzlich kann der Sanierungsvergleich gerichtlich bestätigt werden, wenn das Sanierungskonzept schlüssig ist und Aussicht auf Erfolg hat.

  • Ebenfalls kann die Sanierungsmoderation als Vorstufe zur Inanspruchnahme von Instrumenten der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens dienen.

Sanierungsmoderator

  • Sanierungsmoderator wird vom Gericht vorerst für bis zu drei Monate bestellt.

  • Bei Zustimmung der Schuldner und Gläubiger ist eine Verlängerung um max. weitere drei Monate möglich.

  • Führt die Sanierungsverhandlungen und vermittelt hierbei zwischen Schuldner und Gläubigern

  • Sanierungsmoderator erhält Einblicke in die Geschäftsunterlagen und Bücher

  • Monatliche Berichtserstattung beim Restrukturierungsgericht über:

    » den Fortgang der Sanierungsmoderation

    » Art u. Ursachen der wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten

    » Beteiligte Gläubiger

    » Verhandlungsgegenstände

    » Ziel und erwartbarer Fortgang der Verhandlungen

  • Weitere Aufgaben sind die Anzeige des Eintritts von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung beim Restrukturierungsgericht sowie schriftliche Stellungnahme zum Sanierungsvergleich, falls gerichtliche Bestätigung beantragt wird

Zusammenfassung

Schaffung notwendiger Anreize zur frühzeitigen Restrukturierung durch Pflicht zur Krisenfrüher-kennung – StaRUG bietet effektive Gestaltungsansätze zur außerinsolvenzlichen Restrukturierung

Das StaRUG schafft eine neue Handlungsalternative zwischen den bestehenden Verfahren zur außergerichtlichen, konsensualen und zur insolvenzlichen, nicht-konsensualen Sanierung. Unternehmen verfügen nun über effektive Gestaltungsmöglichkeiten, zur frühzeitigen außerinsolvenzlichen Restrukturierung, welche mit geringer Öffentlichkeitswirksamkeit auch gegen den Widerstand einzelner Gläubiger(gruppen) erfolgreich und in weitestgehender Autonomie umgesetzt werden kann, wobei auch zukünftig dem Restrukturierungskonzept und externer Unterstützung eine hohe Bedeutung zukommt. Die wesentlichen Vorteile des StaRUGs sind:
  • Notwendige Anreize zur frühzeitigen Restrukturierung im Krisenanfangsstadium werden durch Pflichten zur Krisenfrüherkennung geschaffen

  • Erweiterung der bisherigen Verfahrensalternativen um ein außergerichtliches, privatautonomes Restrukturierungsinstrument außerhalb der Insolvenz

  • „Passivseitenrestrukturierung“ bis auf ausgenommene Forderungen

  • Auswahl der Restrukturierungsforderungen und Gruppenbildung ermöglichen strategische Gestaltungsmöglichkeiten

  • StaRUG ermöglicht eine Restrukturierung mit geringer Öffentlichkeitswirkung – Vermeidung des Stigmas einer Insolvenz

  • Bei drohender Zahlungsunfähigkeit kann ohne Insolvenzverfahren in Gläubigerrechte eingegriffen werden

Ausgewählte Dienstleistungen & Ansprechpartner

Durch auf die spezifische Unternehmenssituation abgestimmte Beratungsleistungen er-möglichen wir Ihnen, das Ruder rechtzeitig herumzureißen und Krisensituationen zu umschiffen